Familienwahlrecht, ja bitte!

familie-swFamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) fordert neues Wahlrecht: Pro Kind eine Stimme mehr. Das finde ich absolut richtig! Nur so wird Politik parteiübergreifend nachhaltig die Lebenswirklichkeiten von Kindern und Familien ernst nehmen und deren Interessen auch wirklich vertreten. Das finde ich richtig gut!

Kritiker halten dagegen, das ginge nicht, das wäre Wahlbetrug und sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Eine Verfassung und ein Grundgesetz kann man ändern. Wenn man will. Der Betrug findet heute statt, in dem immer Lasten in die Zukunft verschoben werden. Die Kinder von heute werden diese Lasten tragen müssen. Schon heute bilden die über 50-jährigen die Mehrheit der Wähler mit deutlichem Trend nach oben. Die Interessen der Kinder werden parteiübergreifend in der Politik kaum berücksichtigt. Das wird zunehmen, wenn die Wähler immer älter werden. Deshalb ist der Vorschlag, dass die Interessen der Kinder auch an der Wahlurne Berücksichtigung finden, richtig und würde die faktische Ungleichbehandlung heute mindern. Dass Eltern die Rechte ihrer Kinder wahrnehmen, ist ja auch nichts Abartiges, oder? Der Vorschlag ist übrigens nicht neu. Es gab hierzu schon 2003 und 2008 entsprechende Initiativen im Bundestag und wurde u.a. unterstützt von Renate Schmidt, Antje Vollmers, Wolfgang Thierse, Roman Herzog und vielen anderen. Leider scheitert dieser Gedanke wie auch die Forderung zur Abschaffung des Ehegattensplittings am puren Egoismus derjenigen, die sich nur für das Heute und das eigene Wohl interessieren. Denk einfach mal ernsthaft darüber nach.

Warum sollen Kinder kein Wahlrecht haben? Und warum tut sich unsere Gesellschaft so schwer, die Rechte der Kinder durch entsprechende Gesetze zu ändern? Nein, die Ungerechtigkeit liegt darin, dass Kinder über keine politischen Rechte verfügen. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre auch das Absenken des aktiven Wahlrechts. Meine 12-jährige Tochter hat nicht weniger politische Urteilskraft als das, was ich an Infoständen von so vielen Erwachsenen höre.

Das mit der Mitbestimmung war noch nie einfach. Weder das allgmeine Wahlrecht, noch das Frauenwahlrecht, noch ein Wahlrecht für Kinder. Die Argumente früher und heute sind sehr ähnlich.

Rede in der Bürgerschaft: Mut zum Handeln – Kindeswohl vor Partei-Interessen

Leider war ich nur knapp ein halbes Jahr Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Ich hatte kaum Zeit, mich in ein Thema richtig einzuarbeiten. Dennoch konnte ich nicht ausscheiden, ohne wenigstens einmal geredet zu haben. Hier meine Jungfern- und Abschiedsrede in der Hamburgischen Bürgerschaft.

„Es geht um das Wohl und den Schutz unserer Kinder. Den Schutz vor

– Vernachlässigung,
– Misshandlung,
– Missbrauch.

Seit dem grauenhaften Tod von Jessica vor fast drei Jahren, der uns alle so fassungslos gemacht und zutiefst erschüttert hat, wurde viel diskutiert. Und es wurde der Sonderausschuss „Vernachlässigte Kinder“ eingerichtet.

Zu den einvernehmlichen Beschlüssen des Sonderausschusses zählte auch, die U 1 – U 9 Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen „verbindlicher zu gestalten“.

Sozialsenatorin Schnieber-Jastram sagte am 01.02.2006 hier in diesem Hause zu, die Empfehlungen des Ausschusses umzusetzen.

Zitat: „Ich nenne hier beispielsweise die Initiative, die U 1- bis U 9-Untersuchung verpflichtend zu machen.“

Und zum Thema Zusammenarbeit: „Ich würde mich freuen, wenn mich mein Eindruck nicht trügt, dass wir jetzt am Schluss des Sonderausschusses erreicht haben, dass für das Wohl von Hamburgs Kindern alle an einem Strang ziehen.“

Frau Schnieber-Jastram, Sie stehen hier noch in der Verantwortung. Sie haben diese Zusage nicht eingehalten. Sie haben den Strang losgelassen. Sie haben sich der Verantwortung entzogen.

Wie alarmierend die Situation heute in Hamburg ist, zeigt die aktuelle Debatte um die Studie des „Kompetenzzentrums für die Untersuchung von Kindern beim Verdacht auf Vernachlässigung, Kindesmisshandlung und sexuellen Missbrauch“.

Von fast 150 dort seit März 2007 untersuchten Verdachtsfällen haben sich mehr als 60% bestätigt.

Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Wenn man bedenkt, dass das Kompetenzzentrum noch sehr jung und noch nicht allzu bekannt ist. Nur ein einziger Fall wurde von einem niedergelassenen Kinderarzt gemeldet.

Da wird mir schon ganz flau, wenn ich an eine Hochrechnung der Dunkelziffer denke.

Es geht darum, dass wir, meine Damen und Herren, hier in diesem Hause und vor allem im Senat Verantwortung übernehmen müssen.

Lassen Sie mich hier 2 Punkte vorweg sagen:

1. Ja, einige der von Ihren eingeleiteten Maßnahmen sind richtig und wichtig, und
2. Verbindliche Vorsorgeuntersuchungen können das Problem nicht alleine beseitigen. Sie können nur ein Baustein in einem Maßnahmekatalog sein. Aber ein wichtiger und dringend notwendiger Baustein.

Die Ursache des Problems liegt vor allem in der zunehmenden Armut und Perspektivlosigkeit, in der viel zu viele Eltern und Kinder in dieser Stadt leben müssen. Viele dieser Familien fallen durch das Raster von Vorsorge, Früherkennung und Betreuung. Kinder, die weder untersucht werden, noch in Krippen, Horten, Kitas oder Vorschulen betreut werden.

Es ist richtig, dass Fälle von Misshandlungen und Missbrauch in allen gesellschaftlichen Schichten vorkommen. Aber der größte Nährboden ist die Armut.

Zugegeben: Jessica ist ein drastischer Fall. Aber die steigende Zahl von vernachlässigten Kindern ist alarmierend, denn sie zeigt, dass in dieser Stadt etwas gründlich falsch läuft. Sie sind Anzeichen einer sich zunehmend spaltenden Gesellschaft in Arm und Reich. Und das in einer der reichsten Städte Deutschlands.

(Pause)

Wenn wir eine Verbindlichkeit oder gar eine Verpflichtung der Vorsorgeuntersuchungen erreichen wollen, müssen wir für die Ärzte, die Krankenkassen und die Behörden auch den verbindlichen rechtlichen Rahmen schaffen.

Dies kann auf Bundes- oder auf Landesebene politisch und gesetzlich gestaltet werden. Sie haben sich einseitig für den Weg der Bundesratsinitiative entschieden. Wir haben von Beginn an vorgeschlagen, beide Wege zu verfolgen, wie andere Bundesländer das auch getan haben.

Nun wird auf Bundesebene u.a. argumentiert, dass dies nicht ohne eine Änderung des Grundgesetzes ginge.

Unseren Antrag zur Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz (Drs. 18/7319) haben Sie abgelehnt.

Gutachten haben längst gezeigt, dass eine landesrechtliche Umsetzung möglich und wirksam ist. Wie dies in Landesrecht und in einem unbürokratischen Verfahren umgesetzt werden kann, hat das von der CDU regierte Saarland gezeigt. Mit Erfolg.

Andere Länder haben nachgezogen. Selbst Frau von der Leyen ist umgeschwenkt.

„Erfahrungen aus dem Saarland zeigen, dass auf diese Weise unbürokratisch nachgehakt wird.“

Im Interview mit NDR-Info „Vorsorgeuntersuchungen sind ein wichtiger Baustein“ antwortet die Bundesfamilienministerin am 28.12.2007 – also nach dem „Kindergipfel“ der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder im Dezember 2007 – auf die Frage „Kann man das nicht bundesweit regeln?“ wie folgt:

„Nein. Es ist gerade auf Länderebene richtig.“

Und weiter – konkret zum „Saarländer Modell“:

„Das Saarland ist da vorweggegangen und hat jetzt auch Erfahrung und sagt: ‚Das funktioniert. Wir können euch zeigen wie es geht’.“

Ich frage Sie: Warum geht das nicht in Hamburg?

Warum sind Sie nicht bereit, über unseren Vorschlag für verbindliche Voruntersuchungen nach dem Saarländer Modell ernsthaft zu diskutieren?

Sie wiegeln ab, reden sich raus und schieben die Verantwortung auf die Bundesebene ab.

Ihre starre Haltung ist für uns in keiner Weise nachzuvollziehen.

Staatsrat Wersich sagt im Ausschuss, Vorsorgeuntersuchungen seien als Schutz vor Kindesmissbrauch nicht geeignet, weil Ärzte die häusliche Situation nicht einschätzen könnten.

Abgesehen davon, dass das Quatsch ist, geht es darum doch gar nicht. Die Ärzte sollen nur die Eltern melden, die zur Vorsorguntersuchung kommen, damit wir in einem zentralen Register diejenigen finden, die ihre Kinder nicht zur Vorsorgeuntersuchung bringen.

Sie sagen, das vorgesehene Verfahren insbesondere für die 3,5 – 5-jährigen – also für die U8 und U9 – sei unangemessen aufwendig, weil die Kinder täglich in die Kita bzw. die Schule gingen.

Tatsache ist doch, dass Sie mit Ihrer Umsetzung des Kita-Gutscheinsystem und den Vorschulgebühren die Kinder aus armen Verhältnissen von dieser Betreuung ausgrenzen. Wir haben Sie immer wieder darauf aufmerksam gemacht. Weil es fachlich falsch und zutiefst sozial ungerecht ist.

Besonders erstaunlich ist, dass von Staatsrat Wersich im Ausschuss gesagt wurde, dem Senat sei es nie darum gegangen, die Früherkennungsuntersuchungen verbindlich zu machen. Das ist auch unsere Befürchtung. Das hörte sich bei Frau Schnieber-Jastram früher ganz anders an.

Ihr Weg einer bundesweiten Regelung ist gescheitert. Ihre Argumente sind fadenscheinig.

Sie haben sich längst in eine Sackgasse manövriert. Da rauszukommen hieße einzugestehen, dass unsere Warnungen und Vorschläge in den letzten Jahren richtig waren.

Das anzuerkennen ist schwer. Besonders in Wahlkampfzeiten. Dafür braucht man Mut und die Bereitschaft, Fehler zu korrigieren.

Wenn Sie in wenigen Minuten diesen Ausschussbericht annehmen und damit unseren Gesetztesantrag für eine verbindliche Vorsorgeuntersuchung ablehnen, setzen Sie parteipolitische Interessen im Wahlkampf vor das Wohl unser Kinder.“

Meine Große Anfrage zu Jugendmedienschutz und Medienkompetenz

Große Anfrage zu Jugendmedienschutz und Medienkompetenz mit Antwort des Senats (PDF)

Der Umgang mit den neuen Medien stellt nicht nur die Wirtschaft vor große Herausforderungen. Familien wissen nicht mehr wie sie mit Ihren Kindern und dem Konsum der digitalen Medien umgehen sollen. Internet, Killerspiele, Spielsucht … das Dumme ist nur, dass die Kinder im Umgang mit den neuen Medien meist deutlich kompetenter sind als Eltern, Lehrer und Politiker. Das ist der Hintergrund der Großen Anfrage.

Neue Medien nehmen in der Sozialisation von Kindern und Jugendlichen einen enormen Stellenwert ein. So bietet beispielsweise das Internet jungen Menschen eine Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten, die bildungsrelevante wie auch kreative und kommunikationsfördernde Potentiale besitzen. In jüngster Zeit sind allerdings meist die negativen Aspekte der Neuen Medien in den Fokus der Debatte gerückt: in Filmen und TV (bei denen in jüngerer Zeit, zum Beispiel in aktuellen Horrorfilmen auch explizite Grausamkeiten eher ästhetisch inszeniert, denn negativ konnotiert werden); Gewaltdarstel- lungen (auch reale) im Internet; PC-„Killerspiele“, die aufgrund der aktiven In- volviertheit der Spieler als Katalysatoren für die Präferenz gewaltförmiger Konfliktaustragung wirken und unter bestimmten Umständen geeignet sein können, Mitgefühl mit Gewaltopfern („Empathiefähigkeit“) zu vermindern; Handys als allgegenwärtige Trägermedien für gewaltförmige und pornografi- sche (sowohl virtuelle, als auch reale) Darstellungen.

Um den Jugendschutz zu stärken, wurde das Jugendschutzgesetz (JuSchG) mit Wirkung zum 1.4.2003 novelliert; gleichzeitig trat der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) in Kraft. Damit wird der Jugendmedienschutz sowohl in Bundes- als auch in Landesgesetzen geregelt. Vorschriften des Bundes über den Jugendmedienschutz finden sich im Jugendschutzgesetz (JuSchG) und im Strafgesetzbuch (StGB) und betreffen nur die sogenannten Trägermedien (Printmedien, Videos, CD-ROMs, DVDs und so weiter). Hier gibt es noch das alte Indexsystem, die Aufnahme von Medien in eine Ver- botsliste mit der Folge weitreichender Vertriebs- und Werbebeschränkungen, daneben die Altersfreigaben für Kinofilme sowie Film- und Spielbildträger. In den Landesvorschriften, namentlich im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMstV), sind Regelungen zu den sogenannten Telemedien zu finden (hauptsächlich Rundfunk, Fernsehen und Internet, vergleiche auch § 1 Absatz 3 JuSchG).

An der Medienaufsicht wirken sehr viele Institutionen mit: 15 Landesmedien- anstalten, die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die von den Län- dern eingerichtete Stelle jugendschutz.net, die Obersten Landesjugendbe- hörden, die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und nicht zuletzt die Staatsanwaltschaften mit ihren Zentralstellen für Jugendmedienschutzde- likte. Außerdem aus dem Bereich Selbstregulierung die entsprechenden Ein- richtungen zu den Sparten Kino, Spiele, Fernsehen, Multimedia und Tele- kommunikation. Eine wirksame und zügige Medienaufsicht ist auf diese Wei- se nur sehr schwer durchsetzbar, da qua Gesetz an zahlreichen Vorgängen
unterschiedliche Institutionen beteiligt werden müssen. Die Folgen sind schwer nachvollziehbare zeitliche Verzögerungen bei der Durchsetzung des Jugendmedienschutzes sowie die geringe Zahl der Beanstandungen.

Die aktuelle Debatte fokussiert die Handlungsmöglichkeiten aller am Jugendmedienschutz beteiligten Institutionen häufig nur auf Maßnahmen wie Indizierung und Verbot. Bei sogenannten Trägermedien ist dies leichter durchsetzbar als bei einem Telemedium wie dem Internet. Gewalttätige Darstellungen, Pornografie, extremistische, rassistische und antisemitische Inhalte sind über das Internet und das Handy für die meisten minderjährigen Nutzer leicht verfügbar. Umfassende Kontrollen sind bei diesen Medien nur schwer durchsetzbar. Technische Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel Filtersysteme für aktive und mobile Dienste, Altersverifikationssysteme, Geschlossene Benutzergruppen sind zum Teil noch in der Erprobung bezie- hungsweise noch nicht ausgereift, ihr Verbreitungsgrad noch relativ gering. Schwierig ist vor allem die Kontrolle der Angebote von ausländischen Anbietern.

Allerdings wirken Verbote und restriktive Interventionen oftmals kontrapro- duktiv. Solche Maßnahmen erhöhen häufig nicht nur den Bekanntheitsgrad jugendgefährdender Inhalte, sondern steigern erst den Reiz und die Attraktivität für die minderjährigen Konsumenten.

In diesem Zusammenhang kommt der Prävention, also medienpädagogi- schen Interventionen und der Vermittlung von Medienkompetenz in der Schule, der Jugendhilfe, der offenen Kinder- und Jugendarbeit et cetera eine entscheidende Bedeutung zu. Dazu gehört auch die Schulung der Pädago- gen wie auch eine kompetente Beratung der Eltern, da viele Minderjährige oftmals besser als diese über die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Neuen Medien Bescheid wissen. Des Weiteren ist das Wissen darüber, wie Medien von Minderjährigen konkret benutzt werden und wie sie wirken, häu- fig unzureichend. Hier besteht nach wie vor ein großer empirischer Forschungsbedarf (vergleiche Michael Kunczik, Astrid Zipfel, Gewalt und Medien, 2006).

Ideen zur Familienpolitik: Änderung des Grundgesetzes Artikel 6

Wir wissen nun schon seit einigen Jahrzehnten um die Probleme, die mit der demografischen Entwicklung in Deutschland zusammenhängen. Eine zukunftsorientierte Politik muss sich daher um eine Familienpolitik kümmern, die zumindest mittel- und langfristig dieser fatalen Entwicklung entgegenwirkt. Wir brauchen mehr Kinder in unserer Gesellschaft, und wir müssen sie und ihre Eltern besser fördern.

Hier ein Vorschlag, der an die Wurzeln des Problems geht. Der Artikel 6 sollte neu gefasst werden:

Artikel 6
Schutz und Förderung der Kinder

(1) Kinder stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Die staatliche Gemeinschaft fördert die individuelle Entwicklung jedes Kindes.

Bisher steht in diesem Absatz, dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates stehen. Als dieser Artikel so gefasst wurde, sind die Verfasser von anderen Lebenwirklichkeiten ausgegangen. Diese haben sich jedoch drastisch verändert. Viele Kinder wachsen nicht mehr in ehelichen Partnerschaften auf. Die Zahl der Alleinerziehenden hat sich drastisch geändert. Nicht zuletzt die steuerlichen Vorteile, die Eheleute ? auch ohne Kinder ? heute haben, werden von Artikel 6 GG abgeleitet. Dies hat jedoch dazu geführt, dass vor allem doppelverdienende Ehepartner mit dem Ehegatten-Splitting finanziell besser gestellt werden. Es sollte aber darum gehen, dass Familien mit Kindern, unabhängig davon ob in einer Ehe, in einer nichtehelichen Partnerschaft oder Alleinerziehende gefördert werden. Deshalb ist es notwendig, den Schutz und die Förderung rechtlich an die Kinder zu koppeln.

Eine Änderung des Artikel 6 hätte u.a. auch Auswirkungen auf die rechtliche Stellung von nichtehelichen und homosexuellen Partnerschaften.

Diesen Vorschlag habe ich zum ersten mal so oder so ähnlich von Roman Herzog gehört. Ich finde ihn gut.

Bildungspolitik: Systemfrage geht am Problem vorbei

Es mag richtig sein, dass wir langfristig zu einem eingliedrigen Schulsystem wechseln sollten. Das ist jedoch nicht die Lösung des bildungspolitischen Problems in Deutschland. Die schlechten Ergebnisse Deutschlands beim internationalen PISA-Vergleichstest haben andere Ursachen. Diese sind u.a.:

    Es wird in Deutschland zu spät mit Bildung begonnen und gerade im Vor- und Grundschulbereich zu wenig unterrichtet.
    In den Bildungs- und Lehrplänen wird zu sehr auf Wissenvermittlung statt auf Kompetenzaneignung gesetzt.
    Aus falschen sozialromantischen Gründen ist eine leistungsorientierte Bildung nach dem Motto “fördern und fordern” nach wie vor eher verpönt.
    Eine Kontrolle der Qualität von Bildung durch vergleichende Leistungstests wurde lange Zeit verhindert.
    Es gibt verdammt viele grottenschlechte Lehrer. Die Lehrerausbildung in Deutschland ist katastrophal und völlig an der Aufgabenstellung vorbei.

Zumindest den letzten Punkt kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich habe Physik, Mathematik und Erziehungswissenschaften auf Lehramt (Sekundarstufen I+II) in Hamburg studiert und mit dem Ersten Staatsexamen abgeschlossen. Dieser Studiengang umfasste ca. 2/3 des Studiengangs Physik Diplom, ca. 2/3 des Studiengangs Mathematik Diplom und ca. 2/3 des Studiegangs Pädagogik Diplom. Bis auf die wenigen Praktika und einen kleinen Teil der Didaktik-Seminar hatte das Studium keine Relevanz für die Ausübung des Lehrerberufs. Die Studienpläne scheinen mehr zur Schaffung von Professoren-Stellen motiviert. Erst im Referendariat kann ein Lehrer sich selbst überprüfen, ob er für diesen Beruf geeignet ist oder nicht. Und wer wagt da noch den Ausstieg. Daher ist es auch kein Wunder, dass es so viele unmotivierte und schlechte Lehrer bei uns gibt.

Ich wusste bereits während des Studiums, dass ich kein Lehrer werden will und habe daher auch keine Referendariat gemacht. Ich bin heilfroh, dass ich mich damals so entschlossen habe. Ich kann mich den Aussagen des Erziehungswissenschaftlers Bos im heutigen Abendblatt voll anschließen: “Unterricht und Lehrer müssen besser werden.” Im übrigen zeigt die OECD-Studie auch: Lehrer in Deutschland verdienen weit über dem OECD-Durchschnitt.

Gesamtschulen konnten in der Vergangenheit auch nicht unter Beweis stellen, dass dort bessere Bildung herauskommt. Dennoch glaube ich, dass ein eingliedriges System langfristig richtig ist. Dies aber heute als Problemlösung zu verkaufen ist fahrlässig und / oder inkompetent, weil es die Probleme nicht löst. Es geht in der Bildungspolitik aber um mehr Kompetenz – bei Schülern, Lehrern und Politikern. Ich vermisse sie bei allen Dreien.