Bildungspolitik: Systemfrage geht am Problem vorbei

Es mag richtig sein, dass wir langfristig zu einem eingliedrigen Schulsystem wechseln sollten. Das ist jedoch nicht die Lösung des bildungspolitischen Problems in Deutschland. Die schlechten Ergebnisse Deutschlands beim internationalen PISA-Vergleichstest haben andere Ursachen. Diese sind u.a.:

    Es wird in Deutschland zu spät mit Bildung begonnen und gerade im Vor- und Grundschulbereich zu wenig unterrichtet.
    In den Bildungs- und Lehrplänen wird zu sehr auf Wissenvermittlung statt auf Kompetenzaneignung gesetzt.
    Aus falschen sozialromantischen Gründen ist eine leistungsorientierte Bildung nach dem Motto “fördern und fordern” nach wie vor eher verpönt.
    Eine Kontrolle der Qualität von Bildung durch vergleichende Leistungstests wurde lange Zeit verhindert.
    Es gibt verdammt viele grottenschlechte Lehrer. Die Lehrerausbildung in Deutschland ist katastrophal und völlig an der Aufgabenstellung vorbei.

Zumindest den letzten Punkt kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich habe Physik, Mathematik und Erziehungswissenschaften auf Lehramt (Sekundarstufen I+II) in Hamburg studiert und mit dem Ersten Staatsexamen abgeschlossen. Dieser Studiengang umfasste ca. 2/3 des Studiengangs Physik Diplom, ca. 2/3 des Studiengangs Mathematik Diplom und ca. 2/3 des Studiegangs Pädagogik Diplom. Bis auf die wenigen Praktika und einen kleinen Teil der Didaktik-Seminar hatte das Studium keine Relevanz für die Ausübung des Lehrerberufs. Die Studienpläne scheinen mehr zur Schaffung von Professoren-Stellen motiviert. Erst im Referendariat kann ein Lehrer sich selbst überprüfen, ob er für diesen Beruf geeignet ist oder nicht. Und wer wagt da noch den Ausstieg. Daher ist es auch kein Wunder, dass es so viele unmotivierte und schlechte Lehrer bei uns gibt.

Ich wusste bereits während des Studiums, dass ich kein Lehrer werden will und habe daher auch keine Referendariat gemacht. Ich bin heilfroh, dass ich mich damals so entschlossen habe. Ich kann mich den Aussagen des Erziehungswissenschaftlers Bos im heutigen Abendblatt voll anschließen: “Unterricht und Lehrer müssen besser werden.” Im übrigen zeigt die OECD-Studie auch: Lehrer in Deutschland verdienen weit über dem OECD-Durchschnitt.

Gesamtschulen konnten in der Vergangenheit auch nicht unter Beweis stellen, dass dort bessere Bildung herauskommt. Dennoch glaube ich, dass ein eingliedriges System langfristig richtig ist. Dies aber heute als Problemlösung zu verkaufen ist fahrlässig und / oder inkompetent, weil es die Probleme nicht löst. Es geht in der Bildungspolitik aber um mehr Kompetenz – bei Schülern, Lehrern und Politikern. Ich vermisse sie bei allen Dreien.