Deutschland hat einen hohen Bedarf an gut ausgebildeten Akademikern. Vor allem die private Wirtschaft, aber auch staatliche Institutionen, benötigen immer mehr Top-Personal, um auf die vielfältigen Aufgaben der Zukunft vorbereitet zu sein. Das Internet und die konsequente Online-Orientierung stellen die Unternehmen vor vollkommen neue Herausforderungen; zentral für den Unternehmenserfolg wird immer mehr eine radikale Kundenorientierung. Gerade hier versagt jedoch die Ausbildung vieler Top-Akademiker. Als Unternehmer mit einer konsequenten Ausrichtung meines Unternehmens und meiner Produkte am Bedarf der kundenorientierten Wirtschaft bemerke ich diesen Missstand täglich.
Als CRM-Experten haben wir in den letzten 10 Jahren viele Unternehmen kennengelernt. Wir beraten unsere Kunden kontinuierlich im Bereich Kundenmanagement – vorwiegend im Mittelstand. Leider stelle ich hier immer wieder fest, dass im Denken der Betriebswirte und Diplom-Kaufleute das Marketing eher abwertend den „Werbefuzzis“ zugesprochen wird. In diesem Denken arbeiten im Vertrieb eher halbseidene Gestalten, und im Service will keiner arbeiten, weil sie immer den ganzen Kundenärger abbekommen und auch ausbaden müssen. Oben auf dem Podest der „wahren“ Kaufleute thronen die Finanzcontroller mit ihrem klaren und unumstösslichen Kennzahlensystem, die mit Business-Intelligence-Methoden ein beeindruckendes Chart nach dem anderen produzieren. Die Basis ihrer Modelle ist aber ausschließlich die Kostenseite. Das hat mich zu der Frage geführt, welche Bedeutung in den Hochschulen bei Ausbildung der Wirtschafts-Akademiker die Einnahmenseite hat. Die Seite, bei der es um Märkte, Umsatz, Kunden und Wachstum geht.
In einer kurzen Stichprobe mit vier Universitäten und drei Fachhochschulen aus dem gesamten Bundesgebiet fällt einem sofort auf: Kundenorientierung kommt im aktuellen BWL-Studium höchstens als Randerscheinung vor! An der Universität Hamburg im Bachelor-Studiengang BWL kann gerade mal ein Pflichtmodul von 21 explizit der Kunden und Einnahmeseite zugeschrieben werden, während sich ganze fünf Module nur damit beschäftigen, wie ein Unternehmen Kosten senken und Ausgaben sparen kann. An der RWTH Aachen beschäftigen sich siebenmal mehr (!) Professoren im Fachbereich BWL mit Rechnungswesen und Kostenrechnung als mit Fragen der Kundengewinnung und dem Marketing. In Augsburg verkümmert kundenorientiertes Denken im Studium mit nur einer mickrigen Professur für diesen zentralen Bereich, von elf Professuren insgesamt. Dieser Zustand zeigt sich auch an allen vier weiteren deutschen Hochschulen, bei denen ich mir Lehrplan und Personal angeschaut habe.
Die aktuellen BWL-Absolventen – das zeigen nicht nur diese Zahlen – werden konsequent auf Kostensenkung, Sparprogramme und Rationalisierung getrimmt. Die Hochschulen geben sich hier als Lakaien für eine fehlgeleitete Kostensenkungs-Ideologie und sind so mitverantwortlich für das falsche Handeln vieler Unternehmen, die Tag für Tag nur an die Kostenreduzierung denken – nicht aber an die Erhöhung ihrer Einnahmen. Denn: Die Grundlage allen wirtschaftlichen Handels ist die ökonomische Bedingung und grundlegende Optimierungsaufgabe der Ökonomie: e > a, die Einnahmen müssen größer als die Ausgaben sein. Unternehmen brauchen höhere Einnahmen, um zu wachsen. Nur eine konsequente Orientierung an den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden kann als langfristige Erfolgsstrategie taugen. Alle Versuche, mit radikalen Sparprogrammen kurzfristig den Shareholder Value in die Höhe zu treiben, erweisen sich auf lange Sicht als Verirrungen. Diese einfache Wahrheit sollte sich langsam auch bis in die Hörsäle herumsprechen, damit dem deutschen Arbeitsmarkt bald wieder moderne und auf die Zukunft ausgerichtete Akademiker zur Verfügung stehen.
In der obigen Grafik sehen Sie die Zuordnung der „Pflichtmodule“, der möglichen „Wahlbereiche“ und der Zahl der „Lehrstudie“ zu e (Einnahmenseite) oder zu a (Ausgabenseite) oder unter sonstige wenn keine klare Zurodnung möglich war. Die dargestellte Auswertung wurden über alle 7 Hochschulen durchgeführt.
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