2010 war ein schwarzes Jahr für die Deutsche Bahn. Mit dem Image-Schaden, den sie nach den Ausfällen der Klima-Anlagen im Sommer und den massiven technischen und organisatorischen Problemen mit Wintereinbruch davon trägt, wird sie sich einen Börsengang in den nächsten Jahren abschminken können. Und genau hier liegt die Crux.
Die Deutsche Bahn ist ein Musterbeispiel dafür, dass eine einseitige, nur auf den Unternehmenswert ausgerichtete Zielsetzung katastrophale Folgen haben kann. Den Börsengang fest im Visier hat die DB in ihrem Shareholder-Value-Denken versucht, den Unternehmenswert ausschließlich über eine Optimierung der Kosten zu steigern. Da wurden Wartungsintervalle verlängert, notwendige Investitionen (z.B. in Weichenheizungen) verschleppt, Personal eingespart und notwendige Reservezüge einfach nicht angeschafft.
„Im Winter sind die Maschinen anfälliger, deshalb braucht man viel mehr Reservezüge als im Sommer“, sagt der Vorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Klaus-Peter Naumann auf ZEIT.de. „Aber genau die wurden in den vergangenen Jahren systematisch abgebaut. Die Bahn streicht im Winter lieber eine Verbindung, als das ganze Jahr für die Wartung der Fahrzeuge aufkommen zu müssen.“ Eine betriebswirtschaftliche Entscheidung auf Kosten der Passagiere.
Fehlende Züge. Es ist das Kernproblem der Deutschen Bahn: ihr fehlen Fernverkehrszüge. Derzeit verfügt das Unternehmen über rund 370 ICEs und Intercitys, rund ein Drittel davon sind fehleranfällige ICE3-Züge. Seit dem Achsbruch 2008 in Köln muss die Deutsche Bahn die ICE3-Züge bis zu zehn Mal häufiger warten als früher. Im Winter müssen die eiskalten Züge zudem über bis zu fünf Stunden lang abgetaut werden, bis die Techniker mit ihren Ultraschallgeräten die Radsätze nach Rissen untersuchen können. Die Flotte ist am Limit.
Wirtschaftswoche, 22.12.2010
Seit Mehrdorn hat das Mangement der Bahn nur den Börsengang im Blick. Um den Unternehmenswert zu steigern, wird eine rigide Sparpolitik verordnet. Es wird nur an der Kostenschraube gedreht statt in Zukunft zu investieren. Diese reine Shareholder-Value-Orientierung ist zu kurz gesprungen und ökonomisch schlicht und ergreifend dumm. Denn sie geht mittel- und langfristig immer auf Kosten der Passagiere, der Kunden. Diese sind aber letztendlich entscheidend für den Erfolg des Unternehmens – sie sollen die Leistungen der Bahn ja bezahlen. Oder soll das übermorgen doch wieder der Steuerzahler tun?
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